Gesetzgebung und Aufsichtsbehörden

Die VP Bank AG in Vaduz ist eine liechtensteinische Aktiengesellschaft und das Stammhaus der VP Bank Gruppe. Die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) ist die zuständige Aufsichtsbehörde im Land ihres Hauptsitzes.

Die Namenaktien A des Stammhauses sind an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert und somit untersteht die VP Bank AG auch den Reglementen der SIX, welche diese gestützt auf die schweizerische Börsenregulierung, insbesondere das Finanzmarktinfrastrukturgesetz, erlässt. Die Geschäfte der VP Bank Gruppe werden in jedem Land, in dem sie über Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen und/oder Repräsentanzen tätig ist, durch die lokal zuständigen Behörden überwacht.

 

Allgemeines

Die Tätigkeiten der VP Bank AG unterstehen in Liechtenstein vor allem dem Gesetz über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankengesetz; BankG) vom 21. Oktober 1992 sowie der Verordnung über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankenverordnung; BankV) vom 22. Februar 1994. Die FMA überwacht die Einhaltung der Vorgaben der Bankenregulierung. 

Die laufende Überwachung erfolgt aufgrund gesetzlich geregelter Meldungen, die von den Banken einzureichen sind, sowie durch den direkten, periodischen Kontakt mit dem Verwaltungsrat und Management der einzelnen Bankinstitute. Im Bereich der Revision sowie Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch die Banken stützt sich die Bankenaufsicht grundsätzlich auf die Prüf­berichte der externen Revisionsgesellschaften, die sozusagen als verlängerter Arm der FMA tätig sind. Revisionen oder Revisionsbegleitungen in eigener Regie bleiben vorbehalten. Die FMA bildet – neben der bankenrechtlichen externen Revisionsstelle, die ihrerseits über eine Bewilligung der FMA verfügen muss und ebenfalls deren Aufsicht untersteht – die Hauptstütze des liechtensteinischen dualen Aufsichtssystems.

Als EWR-Mitgliedstaat hat Liechtenstein sowohl die 4. und 5. EU-Geldwäschereirichtlinie als auch die Verordnung (EU) 2015/847 über die Übermittlung von Angaben bei Geld­transfers umgesetzt. Die entsprechenden Umsetzungsbestimmungen finden sich im nationalen Gesetz über berufliche Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei, organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung (Sorgfaltspflichtgesetz; SPG) vom 11. Dezember 2008 sowie in der dazugehörigen Verordnung (Sorgfaltspflichtverordnung; SPV) vom 17. Februar 2009. Diese bilden zusammen mit dem in § 165 des liechtensteinischen Strafgesetzbuches festgehaltenen Geldwäschereitatbestand die einschlägigen Rechtsgrundlagen für die Sorgfaltspflichtigen des Finanzdienstleistungssektors in Liechtenstein. Die Bestimmungen wurden wiederholt revidiert und entsprechen den internationalen Anforderungen und Standards.

Gemäss Bankenregulierung können Banken und Wert­papierfirmen in Liechtenstein eine umfassende Palette von Finanzdienstleistungen erbringen und anbieten. Im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit hat die VP Bank AG beim Angebot von Finanzdienstleistungen insbesondere die folgenden Gesetze und die daraus abgeleiteten Verordnungen zu beachten:

  • Zahlungsdienstegesetz (ZDG);
  • Gesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- und Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz);
  • Gesetz über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG);
  • Gesetz über bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (UCITSG);
  • Investmentunternehmensgesetz (IUG 2015);
  • Gesetz über die Offenlegung von Informationen betreffend Emittenten von Wertpapieren (Offenlegungsgesetz; OffG);
  • Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmissbrauch (EWR-­Marktmiss­brauchsverordnung-Durchführungsgesetz; EWR-MDG);
  • Gesetz über die Einlagensicherung und Anlegerentschädigung bei Banken und Wertpapierfirmen (Einlagen­sicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz; EAG);
  • Gesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken und Wertpapierfirmen (Sanierungs- und Abwicklungs­gesetz; SAG);
  • Gesetz über die zusätzliche Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerates
  • Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR).

Im Folgenden soll auf einige aus Sicht der Finanzmarktregulierung relevante Entwicklungen sowie auf einschlägige Rechtsgrundlagen eingegangen werden, die im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Neuerung erfahren haben, in Kraft gesetzt wurden oder in Zukunft relevant werden dürften.

 

Zahlungskonten­-Richtlinie

Am 23. Juli 2014 hat die EU die Richtlinie 2014/92/EU (Zahlungskonten­-Richtlinie) verabschiedet. Diese umfasst im Wesentlichen folgende Punkte:

Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grund­legenden Funktionen (dem sogenannten Basiskonto), um allen berechtigten Verbrauchern Zugang zu einem Zahlungskonto zu garantieren (Stichwort: «Financial Inclusion»);

Transparenz und Vergleichbarkeit von Entgelten für Zahlungskonten (Entgeltinformationen und Entgeltaufstellung sowie Vergleichswebsite);

Bereitstellung eines Zahlungskontowechsel­-Service durch die Banken.

Durch die Schaffung des neuen Zahlungskontengesetzes (ZKG) vom 30. September 2021 ist die EU-Richtlinie in Liechtenstein umgesetzt worden. Dieses Gesetz soll gleichzeitig mit dem entsprechenden EWR­-Übernahmebeschluss in Kraft treten (voraussichtlich 2023, genaues Datum ist noch nicht bekannt).

 

EWR-Finanzdienstleistungs-Nachhaltigkeits-Durchführungsgesetz (EWR-FNDG)

Das EWR-FNDG dient der Durchführung der Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor und der Verordnung (EU) 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Bedeutung des EWR-FNDG für den liechtensteinischen Finanzmarkt, sowie um eine Wettbewerbsgleichheit mit den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen, hat sich Liechtenstein für eine nationale Vorabumsetzung der Offenlegungs- und Taxonomie-Verordnung entschieden. Das EWR-FNDG ist am 1. Mai 2022 in Kraft getreten.

 

EU-Bankenpaket (Capital Requirement Regulation, Capital Requirement Directive und Bank Recovery and Resolution Directive)

Im Mai 2019 wurde das Bankenpaket im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Dieses Paket umfasst Änderungen an den zentralen EU-Bankvorschriften (CRD IV und CRR) und am EU-Abwicklungsregime (BRRD). Ziel des gesamten Bankenpakets ist die weitere Minimierung der Risiken im europäischen Bankensektor, indem die vom Basler Ausschuss für Bankenstandards und die im Rat für Finanzstabilität (FSB) angestossenen internationalen Reformen in europäisches und nationales Recht übernommen werden.

Liechtenstein hat für die Umsetzung ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. In einem ersten Schritt wurde die Umsetzung der CRD V bzw. die Durchführung der CRR II adressiert. Die damit zusammenhängenden Gesetzesan­passungen sind am 1. Mai 2022 in Kraft getreten. 

In einem zweiten Schritt sollen die Anforderungen der BRRD II in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu müssen Anpassungen im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) sowie im Bankengesetz (BankG) vorgenommen werden. Durch die BRRD II soll insbesondere der Standard des internationalen Financial Stability Board (FSB) für die Gesamtverlustabsorptionskapazität in die bestehenden Vorschriften über die Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) von Kreditinstituten integriert werden. Die diesbezüglichen Anpassungen werden in Liechtenstein voraussichtlich im Laufe des Jahres 2023 in Kraft treten. 

 

Basel IV

Die Überarbeitung der grossen europäischen Regelwerke im Rahmen von Basel IV bringt über die nächsten Jahre weitgehende Änderungen mit sich. 

Es erfolgt ein verstärkter Fokus auf die Berechnung der Eigenmittelanforderungen und auf das mittel-­ bis lang­fristige Liquiditätsrisiko. Bei den Eigenmitteln liegt der Schwerpunkt auf dem Nenner der Kapitalquote: Die Berechnung der Risikopositionen im Kredit­-, Markt­- und operationellen Risiko wird sich teilweise deutlich verändern. Beim Liquiditätsrisiko wird der Beobachtungszeitraum von einem Monat auf ein Jahr ausgedehnt und damit eine strukturelle Liquiditätsquote final eingeführt.

 

EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung

Die EBA­-Leitlinien zur Kreditvergabe und ­-überwachung (2020/06) befassen sich mit einem sehr breiten Spektrum an Vorgaben im Zusammenhang mit aufsichtsrechtlichen und kreditwirtschaftlichen Entscheidungsprozessen (u. a. internen Governance-Regelungen, -Prozessen und -Mechanismen für das Kredit- und Gegenparteirisikomanagement oder spezifizierten Anforderungen in Bezug auf die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers).

Die Anforderungen waren für neu vergebene Kredite bis zum 30. Juni 2021 umzusetzen. Für bestehende Kredite gelten die neuen Standards spätestens ab dem 30. Juni 2024.

 

Sorgfaltspflichtgesetz (SPG) und Sorgfaltspflichtverordnung (SPV)

Im Rahmen der Sorgfaltspflichtgesetzgebung gab es im Berichtsjahr keine relevanten Änderungen. Allerdings wurde der Bericht von Moneyval publiziert, welcher Liechtenstein eine Verbesserung im Abwehrdispositiv bezüglich Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung zugesteht. 

Zu erwähnen ist ferner die Anpassung der FMA-Wegleitung 2018/7, in welcher ein neues Kapitel mit Präzisierungen zu «Source of Wealth» aufgenommen worden ist. Insbesondere hilft diese Wegleitung bei der Erstellung und Instandhaltung von Geschäftsprofilen, indem die Begriffe und die Bedeutung des Begriffes «Source of Wealth» erläutert werden.

 

Automatischer Informationsaustausch (AIA)

Liechtenstein hat per 1. Januar 2016 den Automatischen Informationsaustausch (AIA) eingeführt. Das erste AIA-Reporting ist 2017 für die Meldeperiode 2016 und dann in den Folgejahren entsprechend erfolgt. Per 30. Juni 2022 wurden für das Meldejahr 2021 die entsprechenden Daten mit 114 AIA­-Partnerstaaten ausgetauscht. Liechtenstein hat jedoch einseitig an insgesamt 12 permanent nicht reziproke Staaten keine Daten geliefert.

 

EU­-Amtshilferichtlinie (DAC 6)

Da Liechtenstein kein EU-Mitgliedstaat ist, treffen die VP Bank AG keine Mitteilungspflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, wie es die sechste Änderung der EU-Amtshilferichtlinie (Directive on Administrative Cooperation, DAC) ab dem 1. Juli 2020 vorsieht. 

Die VP Bank AG wird die Entwicklungen in diesem Bereich jedoch aufmerksam verfolgen. Luxemburg untersteht als EU-Mitglied dieser Richtlinie und hat diese bereits umgesetzt.

 

Qualified Intermediary (QI)

Im Jahr 2001 führte die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service («IRS») die Regelung für qualifizierte Intermediäre («QI») ein, um (i) US-Personen zu identifizieren, die über ausländische Intermediäre in US-Wertpapiere investieren, und (ii) sicherzustellen, dass die US-Quellensteuer für nicht in den USA ansässige Ausländer von ausländischen Intermediären ordnungsgemäss auf US-Quellenerträge angewendet wird, wenn diese an Nicht-US-Personen gezahlt werden. 

Ausländische Intermediäre, die den Status eines QI anneh­men, können im Rahmen eines anwendbaren Doppelbe­steuerungsabkommens («DBA») für berechtigte Nicht-US- Personen im Rahmen eines «Relief at Source»­-Verfahrens (d. h. ohne die Notwendigkeit eines Erstattungsverfahrens und ohne Offenlegung der Nicht-US-Personen gegenüber der IRS) einen niedrigeren Quellensteuersatz auf US-Quellenerträge anwenden.

Die VP Bank AG und die mit ihr verbundenen Unternehmen der VP Bank Gruppe sind QI und unterliegen somit den QI­-Bestimmungen.

 

Besteuerung digitalisierte Wirtschaft

Die OECD hat am 31. Mai 2019 ein Arbeitsprogramm zu den mit der Digitalisierung der Wirtschaft verbundenen steuerlichen Herausforderungen veröffentlicht. Vorgesehen sind eine Besteuerung auch ohne physische Marktpräsenz (Säule 1) und eine Mindestbesteuerung (Säule 2). Erste Beschlüsse wurden Mitte 2021 gefasst. Die VP Bank AG wird die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam verfolgen.

 

Steuerkonformitätsrichtlinie des Liechtensteinischen Bankenverbandes

Am 1. Januar 2021 ist die aktualisierte Richtlinie des Liechtensteinischen Bankenverbandes hinsichtlich der Steuerkonformität von Bankkunden in Kraft getreten. Die VP Bank AG hat diese geänderte Richtlinie fristgerecht umgesetzt.

 

Aktionärsrechterichtlinie (SRD II)

Die zweite Aktionärsrechterichtlinie (Shareholder Rights Directive II, SRD II) der EU soll die direkte Kommunikation zwischen der im EWR börsenkotierten Aktiengesellschaft und ihren Aktionären ermöglichen und damit den Aktionärinnen und Aktionären die Ausübung ihrer Aktionärsrechte erleichtern. Depotführende Banken werden in diesem Zusammenhang u. a. verpflichtet, bestimmte Informationen von solchen Gesellschaften an die Aktionäre oder von den Aktionären an solche Gesellschaften zu übermitteln. Hierzu hat die VP Bank AG umfassende Vorkehrungen getroffen und ihre internen Prozesse angepasst. 

Das Amt für Justiz hat im Berichtsjahr 2022 erstmals die Einhaltung der SRD II-Vorgaben in Liechtenstein überprüfen lassen.

 

EU-Verordnung über Märkte für Crypto Assets (MiCA)

Etwas mehr als zwei Jahre nach ihrem ersten Vorschlag hat die EU Anfang Dezember 2022 den finalen Text der neuen Verordnung über Märkte für Crypto Assets (MiCA) veröffentlicht. Die MiCA soll einen EU-Rechtsrahmen für die Emission und Vermittlung von sowie den Handel mit Crypto Assets schaffen. Sie wird Lizenzierungs- und Wohlverhaltensanforderungen sowie eine Marktmissbrauchsregelung in Bezug auf Crypto Assets einführen.

Die Regulierung tritt in der EU erst 2024 in Kraft; allerdings wird es notwendig sein, mit der Umsetzung der Vorgaben frühzeitig zu beginnen, da die Regulierung weitgehende Neuerungen im Bereich der Crypto­ Assets mit sich bringt.

 

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