Wirtschaftliches Umfeld
Die wirtschaftlichen und politischen Themen des Jahres wie der Krieg in der Ukraine und die Inflation haben 2022 die Finanzmärkte geprägt.
Weltwirtschaft
Das Jahr 2022 stand ganz im Zeichen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Zum Jahresauftakt hatte noch die Hoffnung geherrscht, dass sich die Lieferkettenproblematik lösen und es zu den gewünschten Corona-Nachholeffekten kommen würde. Doch der Kriegsbeginn am 24. Februar bedeutete nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche Zäsur. Einerseits schossen Gas- und Ölpreise in die Höhe, andererseits wurde deutlich, dass die Ukraine integraler Bestandteil europäischer Lieferketten ist. Darunter litt vor allem die europäische Automobilindustrie. Doch zum allgemeinen Erstaunen entspannte sich die wirtschaftliche Situation trotz des Kriegs noch in den Frühjahrsmonaten. Die Energiepreise sanken.
Als Russland die Gaszufuhr über die wichtige Pipeline North Stream 1 bereits im Vorfeld der turnusgemässen Wartungsarbeiten in den Sommermonaten drosselte und schliesslich ganz einstellte, war klar, dass Russland die gestoppten Energielieferungen nutzt, um Europa unter Druck zu setzen. Die Terminpreise für Gas stiegen daraufhin auf zuvor noch nie gemessene Niveaus. Es grassierte die berechtigte Sorge vor Energierationierungen. In Folge kletterten die Inflationsraten in der Eurozone auf über 10 Prozent und wichtige Konjunkturvorlaufindikatoren brachen massiv ein. Die Schweiz konnte sich dem Inflationsdruck aufgrund der deutlichen Franken-Aufwertung und eines höheren Anteils administrativer Preise im Warenkorb entziehen.
Die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks eilten der ansteigenden Teuerung hinterher – allen voran die US-Notenbank Fed, die den aggressivsten geldpolitischen Straffungskurs der vergangenen 30 Jahre lancierte. Aber auch die Europäische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank erhöhten unerwartet deutlich den Leitzins, wenngleich beide weit hinter den Vorgaben der Fed zurückblieben. Damit endete nicht nur die Phase von Negativzinsen, sondern es stieg auch das Zinsniveau im langlaufenden Bereich so hoch wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Gleichzeitig gehörten sowohl der Schweizer Franken als auch der US-Dollar zu den grossen Gewinnern an den Devisenmärkten. Beide Währungen profitierten von ihrem Ruf als sichere Häfen. Der Dollar gewann zusätzlich dank des aggressiven Vorgehens der Fed.
Aktienmärkte
Zu Beginn des abgelaufenen Geschäftsjahrs standen die Zeichen auf wirtschaftlicher Entspannung. Das in Europa geschnürte Konjunkturpaket zeigte erste positive Auswirkungen, Lockerungsmassnahmen führten zu Verbesserungen im internationalen Transport, der regionale Einzelhandel kehrte schrittweise zu einem normalen Geschäftsbetrieb zurück und die Wirtschaft in den USA wuchs weiterhin kräftig.
Diese Entwicklung wurde im ersten Quartal jäh unterbrochen. Der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sandte Europa in den Krisenmodus, wobei die Sanktionierung russischer Energieexporte die ohnehin steigende Inflation befeuerte. Eine temporäre Energieknappheit und eskalierende Preise für Gas und Strom führten auch zu einer erneuten Verschlechterung der Produktions- und Lieferketten. In den USA wurde die Notenbank bereits im März zu scharfen Zinserhöhungen gezwungen. An den Kapitalmärkten brachen weltweit nicht nur die Aktienmärkte ein, auch der Anleihenmarkt erlebte historische Turbulenzen.
Technologiewerte befanden sich bereits in einer Konsolidierung, sie wurden aber durch die Zinsanhebungen besonders stark getroffen. Die zunehmend defensivere Ausrichtung der Anleger führte dazu, dass sich die Märkte in den USA und in den Schwellenländern 2022 schwächer entwickelten als der globale Aktienmarkt. Japan und Europa bewiesen im Jahresverlauf relative Stärke. Dies liegt an einem geringeren Anteil von Technologieunternehmen, aber auch an umfangreichen staatlichen Investitionsprogrammen, die vor allem in Europa zusätzlich auf die Transformation des Energiesektors ausgeweitet wurden. Obwohl erste Anzeichen einer weniger dynamischen Inflationsentwicklung zu beobachten waren, erreichten die hohen Energiekosten erst ab dem vierten Quartal verstärkt die privaten Haushalte sowie energieintensive Unternehmen. Dies liess die Marktteilnehmer mit einer gewissen Skepsis in das neue Börsenjahr blicken.