WIR VERBINDEN ...
... Unternehmen mit
Verantwortung.
Durch soziale Jugendprotestbewegungen wie «Fridays for Future» hat die Auseinandersetzung mit dem Thema «Unternehmerische Verantwortung» an Dynamik gewonnen. Die Themen Nachhaltigkeit, nachhaltige Investitionsentscheidungen und die Rolle der Finanzindustrie und der Banken stehen verstärkt im Fokus der öffentlichen Diskussion.
Die Expertin Rashila Kerai beschreibt, weshalb sich die sogenannten grünen Geldanlagen in jüngster Zeit bei Anlegern zunehmender Beliebtheit erfreuen, und erläutert die wachsende Verantwortung der Banken für eine nachhaltige Entwicklung von Ökonomie, Umwelt und Gesellschaft.
Die Finanzindustrie
muss sich zu einem aktiven Gestalter einer nachhaltigen Ökonomie entwickeln.
Internationale Vereinbarungen und Regularien nehmen die Finanzindustrie und die Banken mehr in die Verantwortung
Mit internationalen Vereinbarungen wie den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen von Ende 2015 hat sich die Weltgemeinschaft ambitionierte Klimaziele gesetzt und die Bedeutung einer nachhaltigen und ressourcenschonenderen Wirtschaft reklamiert. Bei der Diskussion über wirkungsvolle Lösungsansätze richtet sich die Aufmerksamkeit zunehmend auf den Beitrag des Privatsektors und die Rolle der Finanzindustrie und der Banken. Ausgehend vom heutigen Niveau der öffentlichen und privaten Investitionen besteht allein in den Entwicklungsländern ein durchschnittliches jährliches Finanzierungsdefizit von etwa 2.5 Billionen US-Dollar zur Erreichung der SDGs.
Damit einhergehend bahnt sich ein Paradigmenwechsel in der Finanzindustrie an, der durch verschiedene Regulierungsinitiativen von Staaten und Institutionen bereits in Gang gesetzt wurde. Diese neue Entwicklung basiert auf der Überlegung, das Finanzwesen als Instrument für eine nachhaltige Entwicklung von Ökonomie, Umwelt und Gesellschaft in die Pflicht zu nehmen und gezielt zu nutzen. In dieser nächsten Entwicklungsphase eines nachhaltigen Finanzwesens wird gefordert, dass sich die Finanzindustrie und die Banken zu einem aktiven Gestalter einer globalen nachhaltigen Ökonomie entwickeln. Denn über die speziellen Funktionen von Banken in einer Volkswirtschaft – die Versorgung der Wirtschaft mit Kapital über die Kreditvergabe und die Steuerung von Investitionen – können sie einen erheblichen Einfluss darauf nehmen, die Wirtschaft und damit die Welt nachhaltiger zu machen.
Ein wichtiger Faktor sind auch neue Anforderungen in Bezug auf Transparenz und Kommunikation.
Nach Einschätzung von internationalen Risikoexperten haben sich die Folgen des Klimawandels und die Umweltzerstörung zu einer der grössten Gefahren für die Weltwirtschaft entwickelt.
Die EU-Kommission
hat erste regulatorische
Massnahmen zur Förderung von umweltfreundlichen Finanzprodukten getroffen.
Um diesen Risiken zu begegnen, hat die Expertenkommission Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) des Finanzstabilitätsrats der G20 im Juni 2017 Vorschläge für eine einheitliche Klimaberichterstattung veröffentlicht. Konkret wird von den Unternehmen erwartet, dass sie künftig im Rahmen ihrer Finanzberichterstattung über klimabezogene Risiken und Chancen Auskunft erteilen. Die Umsetzung der neuen Leitlinien zur Berichterstattung bringt auch Vorteile mit sich und eröffnet den Unternehmen neue Chancen. Durch die Erhebung und Auswertung klimabezogener Informationen gewinnen die Unternehmen ein besseres Verständnis von klimabedingten Risiken und Chancen ihres Geschäftsmodells und nützliche Hinweise für künftige strategische Entscheidungen.
Staatliche Institutionen wie die EU-Kommission haben bereits erste konkrete Massnahmen getroffen, um die neue Rolle der Banken zu forcieren und ein nachhaltigeres Finanzsystem zu etablieren. So hat die EU im Jahr 2018 unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris den Aktionsplan «Finanzierung nachhaltiges Wachstum» verabschiedet. Dieser Aktionsplan sieht verschiedene Gesetzesinitiativen sowie Massnahmen zur Förderung von umweltfreundlichen Finanzprodukten und zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeit bei der Kreditvergabe und in der Finanzberatung vor.
Der Aktionsplan verfolgt drei zentrale Ziele:
Die grundsätzlichen Initiativen der EU, nachhaltige Anlagen und die Ziele für eine umfassende nachhaltige Ausrichtung der Weltwirtschaft zu stärken, finden breite Zustimmung in der Finanzindustrie.
Heute steigt die Nachfrage, und der Markt nachhaltiger Geldanlagen wächst weltweit
Die Entwicklung nachhaltiger Geldanlagen hat eine lange Tradition. Der Grundgedanke, sich bei finanziellen Investitionen von bestimmten Prinzipien leiten zu lassen, geht bis zu den Anfängen des 19. Jahrhunderts zurück. In den Zeiten der industriellen Revolution forderten Mitglieder der Religionsgemeinschaften der Quäker und Methodisten von ihren Banken, keine Investitionen in den Bereichen Rüstung und Sklaverei zu tätigen.
Im Jahr 1928 wurde der Pioneer Fund in Boston gegründet. Dieser gilt heute als einer der ersten Ethik- und Nachhaltigkeitsfonds, denn er verzichtet konsequent auf Investitionen in Glücksspiel, Prostitution sowie die Alkohol- und Tabakindustrie. Die Entwicklung der nachhaltigen Geldanlage in Europa hat erst viel später eingesetzt und steht in direktem Zusammenhang mit dem wachsenden Umweltbewusstsein der Gesellschaft in den 80er- und 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Zwar ist ihre Geschichte in Europa wesentlich jünger, doch mit rund 14 Billionen US-Dollar ist der alte Kontinent heute der grösste Markt für nachhaltige Investments noch vor den USA (Global Sustainable Investment Review 2018).
Nachhaltige Investments haben sich in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt, und sie werden immer mehr zum integralen Bestandteil des heutigen Anlageuniversums. Insbesondere die institutionellen Investoren wie Pensionskassen oder Kirchen sehen sich bereits seit einigen Jahren mit zunehmenden Erwartungen konfrontiert, ihre Anlagen auf gesellschaftliche Normen auszurichten. Sie suchen daher nach Möglichkeiten, verschiedene Faktoren wie Umwelt und Soziales in ihre Anlagestrategien einzubinden.
Bei privaten Anlegern geben oft die persönlichen Einstellungen zu Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung oder Atomkraft den Ausschlag für die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien bei ihrer Kapitalanlage. Auf Anlegerseite setzt sich immer mehr das Bedürfnis nach Transparenz durch sowie der Wunsch, Gewissheit darüber zu erlangen, dass bei Investitionen am Kapitalmarkt beispielsweise eine Beteiligung an problematischen Produkten und Dienstleistungen (Waffen, Glücksspiele, Pornografie) ausgeschlossen wird.
Bezüglich Rendite und
Risiko stehen nachhaltige Anlagen den herkömmlichen Anlageprodukten
in nichts nach.
Die positive Entwicklung nachhaltiger Geldanlagen hat nicht zuletzt dadurch weiter Auftrieb erhalten, dass hartnäckige Vorurteile in Bezug auf die finanzielle Performance widerlegt wurden. Nachhaltige Anlagen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie bezüglich Rendite und Risiko den herkömmlichen Anlageprodukten in nichts nachstehen.
Der gesellschaftliche Trend zu mehr Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen ist nicht mehr zu stoppen. Nachhaltigkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der die Finanzindustrie und die Banken in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden und mehr Verantwortung übernehmen müssen.