David Reed

Der New Yorker Künstler David Reed arbeitet oft mit grossen Farbkontrasten.

TEXT / Uwe Wieczorek

 

Das Werk des in New York lebenden Künstlers David Reed zeigt sich sowohl durch den Gestus des abstrakten Expressionismus als auch durch die gestalterischen Mittel des Films und der Fotografie beeinflusst. Schon Gemälde der 1960er-Jahre nach Landschaften im Südwesten der USA, die Reeds Vorstellung von räumlicher Weite prägten, ziehen ihre Kraft aus der Pastosität der Malmaterie, der Vitalität der Farbe und dem Duktus des Pinsels. Es ist schliesslich dieser Duktus, der Strich des Pinsels als elementarer Ausweis der Malerei, den Reed in den 1970er-Jahren zum alleinigen Thema seiner Bilder macht. Durchaus minimalistisch setzt er horizontale Striche mit roter oder schwarzer Farbe in vertikaler Reihung auf weissen Grund. Unregelmässige Pinselführung, verlaufende Malmaterie oder Spritzer werden nicht korrigiert oder entfernt, sondern als Indizien malerischen Schaffens akzeptiert. Diese zugleich sinnlich-empirische und konzeptuelle Haltung ist fortan all seinen Gemälden eigen.

Ich hasse die Idee, dass Malerei zeitlos sein soll. Das trennt die Malerei von unserer Welt ab.

Nimmt die Strenge des Farbauftrags und der Bildkomposition gegen Ende der 1970er-Jahre zunächst noch zu, so gerät der Pinselstrich im Verlauf der 1980er-Jahre schliesslich in geradezu barocke Schwingung. Er formt einander durchdringende Schleifen von nunmehr dreidimensionaler Wirkung in kontrastierenden Farben auf monochromem Grund, die häufig von der ganzen Leinwand Besitz ergreifen. Sie werden hier und da von separaten, selbst wiederum Schleifen enthaltenden Feldern überlagert, deren strikte Rechtwinkligkeit der Bilddynamik ordnend entgegenwirkt. Je nachdem, ob Reed die Malmaterie mit dem Pinsel oder dem Rakel auf der Leinwand verteilt, ist ihre Struktur gestreift oder glatt. Bei glatter Struktur erscheint sie merkwürdig immateriell, als sei sie fotografiert und anschliessend ins Bild montiert.

David Reed

Das Komponieren des Bildes unterliegt zunehmend aufwändigeren Arbeitsabläufen, die mittels detaillierter Zeichnungen reflektierend begleitet werden. Das sorgfältige Grundieren und Malen, das Abkleben und Schichten, das Lasieren und Schmirgeln, das Revidieren und Überarbeiten sowie das Finden der endgültigen Fassung nimmt oft mehrere Jahre in Anspruch, wie auch im Falle des hier vorgestellten Werkes «#560». Es gewinnt seine Vitalität, wie nahezu alle Gemälde des Künstlers, aus der Asymmetrie der unterschiedlich grossen, einander überschneidenden Bildfelder, aus dem Schwung des Duktus von Pinsel und Rakel, aus dem Wechsel teils glänzender, teils matter Oberflächenpartien, aus dem Gegensatz von Fläche und illusionistischem Raum sowie aus dem Kontrast der Farben. Sie vor allem sind es, die Farben als solche, um die es David Reed geht. Sie sind ihm nach eigener Aussage wichtiger als alles andere. Er würdigt sie durch Malerei in Gestalt von Schleifen, die nichts anderes sind als Schleifen im Gewand der Malerei.

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David Reed

David Reed

Geboren 1946 in San Diego, Kalifornien. Lebt in New York.

Studium an der Studio School in New York. Anregungen durch Film und Fotografie. Malerei als «Collage» aus versetzt übereinanderliegenden Farbfeldern mit plastisch erscheinenden Farbschleifen und -streifen. Veranschaulichung der Malerei als Malerei durch effektvolle Visualisierung des gestischen Gebrauchs von Pinsel und Rakel.

  • SKIZZENBUCH / Seite 1 der Arbeitsskizze für das Gemälde #560, entwickelt von 2005 bis 2007.
  • SKIZZENBUCH / Seite 2 der Arbeitsskizze für das Gemälde #560, entwickelt von 2005 bis 2007.
  • KUNST IM DIALOG / «560», 2007 neben «White Painting», 2002 von Joseph Marioni (rechts).
    Foto: Barbara Bühler