Trends in der Finanzindustrie

Wie kaum eine andere Branche unterliegt die Finanzindustrie seit etlichen Jahren signifikanten Transformationstrends und damit einhergehenden Veränderungen. 

 

Die Kundenbedürfnisse sind im Wandel, der Arbeitskräftemangel akzentuiert sich, Regulierungen nehmen weiter zu und der technologische Fortschritt beschleunigt sich. Dazu kamen in der jüngeren Vergangenheit zunehmende geopolitische Herausforderungen sowie ein vollständig verändertes Zinsumfeld. 

 

Kundenbedürfnisse – Generationenwechsel und Diversifikation

Die nächste Generation, erstmals Digital Natives, erwartet eine rasche Verfügbarkeit von Informationen und individuelle, auf sie zugeschnittene Angebote «rund um die Uhr». Banken müssen daher heute schon in der Lage sein, mittels offener Architektur Produkte und Dienstleistungen schnell und individuell an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden anzupassen und anbieten zu können.

Diese Generation möchte zunehmend selbst in Anlageentscheidungen involviert sein; sie sucht Kundenerlebnisse und die Annehmlichkeit digitaler Angebote, gepaart mit Expertise. Somit ist ein hybrides Modell mit einer Kombination aus persönlichem Kontakt und digitalen Dienstleistungen erforderlich. Dabei dient die persönliche Beratung insbesondere als Startpunkt, um die erhöhte Komplexität, Internationalität und Optionalität von Finanzdienstleistungen sowie den Zeiteinsatz für die eigene Vermögensverwaltung zu verstehen, zu steuern und zu überwachen.

Gleichzeitig werden vermögende Kundinnen und Kunden internationaler und haben Bankbeziehungen in verschiedenen Ländern. Somit wird auch die Nachfrage nach grenz­überschreitenden Wealth Management-Dienstleistungen steigen. Dies wird durch geopolitische Veränderungen sowie die Suche nach Diversifikation, Stabilität und Sicherheit in Vermögensfragen getrieben.

 

Nachhaltigkeit – steigende Nachfrage

Die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft erfordert aktive und innovative Unterstützung durch die Finanzindustrie. Über den Beitrag der VP Bank zur nachhaltigen Entwicklung der Finanzbranche lesen Sie im Kapitel «Bekenntnis zur Nachhaltigkeit».

 

Female Finance – wachsendes Interesse

Female Finance befasst sich mit der wachsenden finanzi­ellen Unabhängigkeit und Investitionsbereitschaft von Frauen. Frauen kontrollieren einen rasch wachsenden Anteil des Vermögens, finden jedoch oft nicht die zu ihrer Biografie passenden Beratungsangebote. Der Trend spiegelt sich auch in einem wachsenden Interesse von Frauen an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten wider. Insgesamt zeichnet sich Female Finance als ein bedeutender und zukunftsweisender Bereich im Finanzwesen ab, der die Chancen und Herausforderungen der Gesellschaft und der neuen Arbeitswelt reflektiert.

 

Technologie – neue Chancen durch Digitalisierung

Fintech-Unternehmen und reine Onlinebanken gewinnen zunehmend Marktanteile im Banking. Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle ist eine wichtige Herausforderung für traditionelle Banken.

Um von neuen Technologien zu profitieren, wird es zu einer zunehmenden Zusammenarbeit von traditionellen Finanzdienstleistern mit Start-ups kommen, die nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr als komplementäre Anbieter in einem kooperativen Wettbewerb («Coopetition») den Markt bereichern. 

Die Tokenisierung von Vermögenswerten, das heisst die digitale Darstellung realer Vermögenswerte auf der Blockchain oder die Ausgabe traditioneller Vermögensklassen in tokenisierter Form, ist ein wesentlicher Bestandteil des immensen Potenzials der Blockchain-Technologie. Die Vorteile liegen in Effizienzsteigerungen durch Automatisierung, Transparenz und der Ermöglichung von ganz neuen Geschäftsmodellen.

Ein weiteres herausforderndes Thema der Zukunft stellt das Quantencomputing dar. Hierbei handelt es sich um eine schnell wachsende Technologie, die mithilfe der Gesetze der Quantenmechanik Probleme löst, die für klassische Computer zu komplex sind. Dadurch wird in Zukunft die heute verwendete Kryptographie nicht mehr sicher sein. Auch hier bedarf es vorausschauender Planung der Finanzdienstleister.

 

Auch Datensicherheit und Cyber Security-Massnahmen nehmen an Bedeutung weiter zu, da Hackerangriffe immer ausgeklügelter werden. Dadurch drohen Datenverlust, finanzielle Schäden und Reputationsverluste. Daher ist es entscheidend, in robuste Prozesse, Technologien und das notwendige digitale Know-how zu investieren, um den Schutz vor Cyberangriffen zu gewährleisten und gesetzliche Vorgaben zu befolgen.

 

Industrie – Plattformen sind im Vormarsch

Banken werden vermehrt Kooperationen und Beteiligungen mit Fintechs und Wealthtech Unternehmen eingehen, um ihren Kundinnen und Kunden fokussierte Produkt- und Lösungsangebote machen zu können. Dabei kann es auch zu Angeboten von Drittanbietern über API (Application Programming Interface) Schnittstellen bei digitaler Anbindung oder über andere Formen der Zusammenarbeit kommen.

Als Erweiterung der Services auf Plattformen ist der Trend zu Embedded Finance zu sehen. Darunter versteht man die Integration von Finanzdienstleistungen in nichtfinanzielle Angebote. Embedded Finance ermöglicht es Unternehmen ausserhalb der Finanzbranche, ihren Kundinnen und Kunden nahtlosen Zugang zu Finanzprodukten und -dienstleistungen anzubieten, ohne dass sie die Plattform oder Anwendung des eigenen Unternehmens verlassen müssen.

 

Regulierung – wachsende Komplexität

Der Finanzsektor hat in den letzten Jahren umfangreiche regulatorische Veränderungen erlebt, die von wirtschaftlichen, pandemischen, politischen und technologischen Entwicklungen beeinflusst wurden.

Die COVID-19-Pandemie hat zu Massnahmen geführt, um die Stabilität der Finanzmärkte zu schützen. Die zunehmende Digitalisierung hat neue Vorschriften in Bezug auf Kryptoanlagen, die Entmaterialisierung von Wertpapieren, Geldwäschereibekämpfung und Cybersicherheit mit sich gebracht, aber auch Vorschriften für neue Produkte. Anspruchsvoll sind in diesem Bereich speziell international unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Märkten.

Die Komplexität zur Sicherstellung einer regulationskonformen Beratung sowie eines darauf basierenden Angebots wird weiter zunehmen. Dies dürfte zu einer wachsenden Spezialisierung der Institute führen. 

 

Mitarbeitende – Arbeitskräftemangel akzentuiert sich

In der laufenden Dekade wird sich der Arbeitskräftemangel in Industrieländern dramatisch zuspitzen. Je mehr sich die Lücke zwischen Pensionierungen und Nachwuchs auftut, desto dringender ist der Handlungsbedarf für Unternehmen und auch für Investorinnen und Investoren. Der Arbeitskräftemangel stellt Unternehmen vor die Frage, wie schnell sie wachsen können oder wie schnell sie in Automatisierung und/oder künstliche Intelligenz investieren müssen, um den Personalmangel abzufedern. 

Der sich abzeichnende Arbeitskräftemangel führt auch in der Finanzbranche zu einer erhöhten Arbeitsbelastung für vorhandene Arbeitskräfte und dazu, dass ausgelernte Kräfte diese Berufe mitunter frühzeitig verlassen. Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften wirkt sich auf die Mitarbeiterrekrutierung und -bindung sowie die Wettbewerbsfähigkeit aus.