Hanna Roeckle

Die Liechtensteiner Künstlerin Hanna Roeckle lebt und arbeitet schon viele Jahre in Zürich. Welche Verbindungen sie heute noch zu ihrer Heimat hat, erklärt sie im Interview.

INTERVIEW / Anna Walser

Wann und weshalb kam bei Ihnen der Wunsch auf, Künstlerin zu werden?

Ich habe schon als Kind viel gemalt, gezeichnet, gebaut und konstruiert. Ich bin in einem Holzbaugeschäft gross geworden und hatte somit viel Platz und Materialien zur Verfügung. Ich wusste, dass ich etwas anderes machen wollte als das, was man für mich vorgesehen hatte. Dass es genau Kunst werden würde, war nicht von Anfang an klar. Ich schwankte zwischen Kunst, Architektur und Innenarchitektur. Nach einer langjährigen Lehrtätigkeit für Kunst im Kanton Zürich widmete ich mich ganz meiner Kunst.

Welche Verbindungen haben Sie noch zu Liechtenstein?

Ich habe viele Bezugspunkte zu Liechtenstein, sowohl über die Familie als auch über die Arbeit, also die Kunst. Hier habe ich immer mal wieder Ausstellungen und Aufträge für Kunst am Bau oder im öffentlichen Raum und deshalb auch einen Zweitwohnsitz.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?

Da habe ich unterschiedliche Quellen. Sei es Wissenschaft, Architektur, Design, Farben, Mineralien oder Kristalle. Es kommt immer auf die Werke an, an denen ich gerade arbeite.

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich arbeite immer an Fortsetzungen vorheriger Arbeiten. Aus der hier gezeigten Polyeder-Skulptur hat sich eine grössere Abfolge weiterer Skulpturen und Wandobjekte ergeben.

In meiner Arbeit entstehen Konfigurationen
in kontinuierlicher Bewegung.

Wie kamen Sie auf die Idee, diese Skulpturen mit changierenden Farben lackieren zu lassen?

Der Lack war für mich lediglich das Mittel, um zu erreichen, was ich im Kopf hatte. Die Lacke habe ich weiterentwickelt, habe mit diesen Farbmöglichkeiten lange geforscht und das System erweitert. Wichtig ist aber nicht die Art des Lacks, sondern was damit passiert.

Meinen Sie damit den Farbwechsel, der sich ergibt, wenn man sich um die Skulpturen bewegt?

Ja, der Farbwechsel ist sehr wichtig. In der Malerei ergibt sich der Farbwechsel durch das Nebeneinander verschiedener Farben auf einer Fläche. Auf meinen Skulpturen gibt es ihn durch die Bewegung um das Werk herum, durch den Lichteinfall und durch die Reflexionen der Umgebung.

Worum geht es im Werk «Wave»?

Wave ist Teil einer Gesamtinstallation, die aus räumlichen, plastischen Bildern besteht. Sie bewegen sich reliefartig von der Wand weg, haften aber gleichzeitig daran. Das sorgt für räumliche Irritation. Die Serie hatte ich für eine Ausstellung im Kunstmuseum Appenzell konzipiert.

Hanna Roeckle

Die Corona-Pandemie war und ist in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung. Wie haben Sie die Pandemie bisher erlebt?

Künstler sind während eines Lockdowns in ihrer Arbeit nicht gross eingeschränkt; in meinem Atelier konnte ich trotzdem arbeiten. Die Pandemie war aber auch für mich unheimlich. Es gab ständig Terminverschiebungen von Ausstellungen. Als Künstlerin bin ich es gewohnt, flexibel sein zu müssen. Hier war aber noch mehr Flexibilität gefordert. Ende 2021 musste ich unter Zeitdruck eine Werkserie abschliessen und dann wurden die Ausstellungen kurzfristig verschoben.

Welches ist Ihr eigenes Lieblingswerk?

Meistens habe ich bei den neusten Arbeiten ein Lieblingswerk, es gibt auch aus jeder Werkphase Favoriten. Die älteren Arbeiten kann man aus einer gewissen Distanz betrachten, bei den neueren ist man eher befangen. Man beschäftigt sich intensiv damit, erhält das Gefühl, es sei das beste Werk, und in zehn Jahren sieht es schon wieder anders aus. Doch manchmal begleiten mich auch Zweifel. Das ist unter anderem ein Motor, der mich dazu bringt, weiterzuarbeiten.

Welches waren Ihre Gedanken, als Sie erfuhren, dass Ihre Kunst in einer Bank präsentiert werden sollte?

Meine Werke entstehen meist ohne konkrete Vorstellung für einen bestimmten Raum, da sie unabhängig vom Raum funktionieren müssen. Das erste Werk für Ihre Bank ist an einer Ausstellung gekauft worden. Nach und nach kamen Ankäufe in weiteren Ausstellungen dazu. Es ist immer toll, wenn man in einem (halb-)öffentlichen Raum Werke präsentieren kann. Es freut mich auch, dass die VP Bank Werke aus verschiedenen Phasen gekauft hat, denn ich entwickle meine Arbeit im Laufe der Zeit stets weiter.

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Hanna Roeckle

Hanna Roeckle

Geboren 1950 in Vaduz, Liechtenstein. Lebt in Zürich.

Studium an der Schule für Gestaltung in Zürich. Malerei auf der Grundlage eines modular-konstruktiven Werkkonzepts mit Ausweitung zu Bildrelief, Bildkörper und Bildraum. Kombiniert strukturelle, aber variable Systematik mit malerischem Kolorit.

  • KLARE FORMEN / Columns: «Blue», 2016; «Greengold», 2015; «Copper», 2016 sowie der Polyeder: «Aquarius», 2016.
    Foto: Peter Hunkeler
  • IM ATELIER / Unterschiedliche Formen der Skulpturen von Hanna Roeckle.
    Foto: Mary Leidescher
  • «AQUARIUS», 2016
    Foto: Barbara Bühler
  • «WAVE», 2011
    Foto: Barbara Bühler
  • «TRANSPORTPHÄNOMENE», 1996
    Foto: Barbara Bühler